18.02.2025

SALZBURG: ZWEIG-VILLA IM ÖFFENTLICHEN INTERESSE

SALZBURG: ZWEIG-VILLA IM ÖFFENTLICHEN INTERESSE

Literaturhaus-Leiter sieht Chance und hofft auf guten Willen

Genau heute vor 91 Jahren, am 18. Februar 1934, wurde das Haus von Stefan Zweig auf dem Salzburger Kapuzinerberg von der Polizei durchsucht. Der weltbekannte Schriftsteller, Übersetzer und Pazifist Stefan Zweig (1881-1942) flüchtete daraufhin vor den bedrohlich-nahen Nazis ins Exil – und zerbrach über die Zerstörung Europas. In Salzburg erinnern an Stefan Zweig ein Weg, ein Platz und ein Stolperstein, ferner trägt die Pädagogische Hochschule seinen Namen. Außerdem existiert seine Salzburger Villa, die jetzt (wieder) im Fokus der Öffentlichkeit steht.

Aktuell gibt es in Salzburg eine Diskussion über die beabsichtige Zufahrt zur Zweig-Villa auf den Kapuzinerberg, die 2020 von Wolfgang Porsche um 8,4 Millionen Euro gekauft wurde, nachdem Pläne von Stadt, Land und Universität für den Erwerb gescheitert waren. Die Debatte über den „Porsche-Tunnel“ möchte er nicht kommentieren, sagt der Salzburger Literaturhaus-Leiter Tomas Friedmann, der sich bereits in den 1990er-Jahren für eine öffentliche Nutzung der Zweig-Villa eingesetzt hat. Damals stand – trotz kursierender Gerüchte – das Haus allerdings nicht zum Verkauf, die Wünsche für eine Zweig-Gedenkstätte im Paschinger Schlössl erfüllten sich nicht. Inzwischen hat sich das Zweig-Zentrum längst auf dem gegenüberliegenden Mönchsberg in der Edmundsburg über dem Salzburger Festspielbezirk als wichtiger Ort der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und kulturellen Begegnung etabliert (gegründet 2008 vom damaligen Uni-Rektor). Das soll auch so bleiben, meint Friedmann, der den gegenwärtigen Diskurs aber als Möglichkeit sieht, doch noch einmal über eine – wenigstens teilweise – öffentliche Nutzung der Zweig-Villa nachzudenken. 

„Die Zweig-Villa ist eine kulturhistorische Chance für Salzburg, die man unbedingt nutzen sollte“, sagt der Literaturhaus-Leiter, der an den guten Willen aller Beteiligten appelliert. Friedmann erinnert daran, dass Wolfgang Porsche, der neben seinen Aufsichtsratstätigkeiten auch Ehrensenator und Uni-Rat-Mitglied der Universität Salzburg ist, im Herbst 2021 laut darüber nachdachte, die wertvolle Zweig-Villa in einer „Mischung aus öffentlicher und privater Nutzung“ zugänglich zu machen (z. B. als Seminar- und Vortragsstätte). An diese Porsche-Idee gelte es anzuknüpfen, wünscht Friedmann, und fordert die Verantwortlichen auf, mit Porsche konkrete Pläne auszuarbeiten. An einem neuen Lift im Berg-Inneren zur notwendigen Erreichbarkeit des Hauses am Kapuzinerberg könne so ein Vorhaben wohl kaum scheitern, meint der engagierte Literaturvermittler, schließlich gäbe es in Salzburg einige gelungene Beispiele für ähnliche Aufzüge. „Vielleicht kann aus der Zweig-Villa eines Tages sogar ein Museum werden“, hofft Tomas Friedmann, der die Bedeutung von Stefan Zweig unterstreicht: „Der Name Stefan Zweig ist weltweit eine Marke, die man kennt und schätzt. Sie steht auch für Europa und Frieden.“

Am 23. Februar 1942 nahm sich Stefan Zweig gemeinsam mit seiner Frau im brasilianischen Petrópolis mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. Als Grund nannte der österreichische Schriftsteller und Übersetzer in seinem Abschiedsbrief die Zerstörung seiner geistigen Heimat Europa. Ab 1919 lebte Zweig in der Stadt Salzburg. Bereits 1917 kaufte er das desolate Paschinger Schlössl am Kapuzinerberg, dort arbeitete und schrieb er, dort empfing er befreundete Intellektuelle. Am 18. Februar 1934, kurz nach dem Februaraufstand der Sozialdemokraten gegen den austrofaschistischen Ständestaat, durchsuchten Polizisten das Haus des Pazifisten nach Waffen, eine Provokation, die Zweig als Bedrohung empfand und mit dem Zug nach London emigrierte. Der Bestsellerautor wurde 1935 auf die NS-Liste verbotener Autoren gesetzt, seine Bücher bei der Bücherverbrennung auf dem Salzburger Residenzplatz am 30. April 1938 ins Feuer geworfen. Lange Zeit erinnerte man sich in Salzburg öffentlich nicht (gerne) an Stefan Zweig und die Salzburger Bücherverbrennung. Die „Villa Europa“, wie Zweig das Haus auch nannte, blieb in privatem Besitz der Kaufmannsfamilie Gollhofer. Diese hatte 1937 das Schlössl erworben, fast die Hälfte der Kaufsumme (insgesamt 63.000 Schilling) wurde von der Nazi-Finanz einkassiert. Rund siebzig Jahre später scheiterte das Vorhaben von Stadt, Land und Universität Salzburg, die Zweig-Villa zu kaufen, am fehlenden Geld. Bis heute gehört Stefan Zweig zu den beliebtesten und meistgelesenen deutschsprachigen Autoren, sein Werk ist weltweit übersetzt.

 

Foto Paschinger Schlössl: Bundesdenkmalamt