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Salzburger
Bücherverbrennung
1938 : heute

Zeichen gegen Vergessen und
Intoleranz, für Mitsprache
und Zivilcourage

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Seit 2011/ 2012 erinnern an die Salzburger Bücherverbrennung eine Gedenktafel (an der St. Michaels-Kirche) und ein Mahnmal von Zoltan Pap (Innenhof der Universitätsfachbibliothek Unipark Nonntal). 2018 wurde das künstlerisch gestaltete Mahnmal "Buchskelett" am Rand des Residenzplatzes eröffnet.

Wenige Wochen nach dem „Anschluss“ Österreichs an das deutsche Reich (nationalsozialistische Diktatur) fand am 30. April 1938 in der Stadt Salzburg – in Nachahmung der Bücherverbrennungen 1933 in Nazi-Deutschland – eine groß inszenierte Bücherverbrennung statt. Es war nicht die einzige in Österreich, aber wohl die medial wirksamste. Der Salzburger NS-Funktionär Karl Springenschmid wählte nicht zufällig den zentralen Residenzplatz neben dem Dom aus, um rund 1200 Bücher von jüdischen und katholischen Autorinnen und Autoren auf einem Scheiterhaufen vernichten zu lassen.

Das Gedächtnis an die „Salzburger Bücherverbrennung“ vschien fast fünfzig Jahre lang wie gelöscht. So lange dauerte es, bis 1987 eine Initiative der Salzburger Autorengruppe erstmals an dieses ungeheuerliche Vorkommnis erinnerte. Erich Fried nahm damals in seiner aufrüttelnden Rede den Vandalenakt der Salzburger Bücherverbrennung zum Anlass, von Grundsätzlichem zu sprechen – von der Vernichtung des Buches als einem symbolischen Zeichen der Auslöschung von Geist, Freiheit und Emanzipation, also von einem aktuellen und virulenten Problem unserer Gegenwart. Denn wie ein roter Flammenschein zieht sich das lodernde Rot „immergrün“ durch die Geschichte und die Kulturen. Heinrich Heine hatte seine Verse, wonach das Verbrennen von Büchern nur das „Vorspiel“ des Verbrennens von Menschen sei, auf die Vernichtung der islamischen Kultur durch die spanischen Christen gemünzt. Unzählige brandaktuelle Beispiele könnten aufgezählt werden.

Initiative Freies Wort mit Kooperationspartnern während des Corona-Lockdowns: v.l.n.r. Martin Hochleitner (Direktor Salzburg Museum), Albert Lichtblau (Historiker und Publizist), Hanna Feingold (Präsidentin IKG nach dem Tod ihres Ehemanns Marko Feingold von 2019 bis 2022), Tomas Friedmann (Literaturvermittler und Netzwerker) und Karl Müller (Germanist und Publizist) vor dem Mahnmal auf dem Residenzplatz

2013 jährte sich zum 75. Mal die „Salzburger Bücherverbrennung 1938“. Die Salzburger INITIATIVE FREIES WORT – gegründet von Tomas Friedmann (Literaturvermittler), Albert Lichtblau (Historiker) und Karl Müller (Germanist) sowie Ingeborg Haller (Juristin; sie schied freiwillig aus der Initiative aus) – will seitdem Salzburg zu einem Ort machen, an dem kontinuierlich daran erinnert wird, dass Emanzipation, Fortschritt und Utopie sich nur in Freiheit entwickeln können. Zensur und alle Versuche, die Freiheit des Geistes, die Freiheit von Kunst, Kultur und Wissenschaft zu boykottieren, sollen aufgezeigt werden: „Wie kann man atmen ohne die Weltluft, die aus Büchern strömt?“ (Stefan Zweig)

Plakat 2023

Programm 2024:

Dienstag, 30. April 2024 | 18.30 Uhr
Ort: Alte Residenz, Residenzplatz
Live-Stream -> fs1.tv

FREIHEIT. In Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung 1938

mit Radka Denemarková, Lisz Hirn, Gilda Sahebi, Anne Bennent & Otto Lechner

Anmeldung erforderlich bis 26. April per E-Mail: office@salzburgmuseum.at oder
per Telefon: +43 662 620808-704

Initiative Freies Wort

„Das blutige Rot der Scheiterhaufen ist immergrün. Einen dieser Scheiterhaufen haben wir, mit bloßem Auge, bren­nen sehen. […] Ich hatte angesichts des Scheiterhaufens nicht aufgeschrien. Ich hatte nicht mit der Faust gedroht. Ich hatte sie nur in der Tasche geballt. Warum erzähle ich das? […] Weil, immer wenn von der Vergangenheit gespro­chen wird, auch von der Zukunft die Rede ist. […] Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird.“ Diese Sätze wurden von Erich Kästner anlässlich der 25. Wiederkehr der nazistischen Bücherverbrennungen des Jahres 1933 am 10. Mai 1958 bei der P.E.N.-Club-Tagung in Hamburg gesprochen.
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Es dauerte wieder etliche Jahre, bis 2007 der Salzburger Residenzplatz erneut zum Ort der Mahnung wurde – in einer bewegenden Veranstaltung mit engagierten Gegenwartsautor*innen, organisiert vom Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte, von Literaturhaus, Friedensbüro, Katholische Aktion, erinnern.at und der Israelitischen Kultusgemeinde.

„Hier stehen wir und gedenken der Bücherverbrennung“ sagte Robert Schindel, „indes ununterbrochen in vielen Teilen der Welt Menschen verbrannt werden. Achten wir darauf, dass jene Symbolakte uns nicht und nie den Blick verstellen für die aktuellen Barbareien, die unter unseren Augen geschehen.“

Danach kam es zu intensiven und z.T. kontroversen Diskussionen über ein Mahnmal; heute gibt es gleich drei in der Stadt Salzburg: die Gedenktafel an der St. Michaels- Kirche (2011), das Mahnmal im Innenhof des Uniparks Nonntal (2012) und das Erinnerungsdenkmal „Buchskelett“ am Rand des Residenzplatzes (2018).

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2019 – genau ein Jahr nach Enthüllung des neuen Mahnmals „Buchskelett“ von Fatemeh Nadiri und Florian Ziller am Rand des Residenzplatzes – hat die Initiative Freies Wort bei der Kulturabteilung der Stadt Salzburg Vorschläge zur Verbesserung der Sichtbarmachung und Kommunikation (Anbringung einer zweisprachigen Hinweistafel sowie QR-Code) deponiert. Und um ein Zeichen zu setzen wurde für 30. April eine Veranstaltung zum Thema „Zivilcourage“ in Erinnerung an die Bücherverbrennung im Salzburg Museum organisiert. In der Gandolph Bibliothek diskutierten die Zeitzeugin Lucia Heilman und Heinz Patzelt, Generalsekretär von Amnesty International Österreich; moderiert wurde das Gespräch von Ö1-Redakteurin Renata Schmidtkunz. Danach hielt der Autor Ludwig Laher beim neuen Mahnmal eine kurze Rede zur Erinnerungskultur, vom Glockenspiel war die Komposition „S‘brent“ von Mordechaj Gebirtig zu hören – aufgegriffen wurde die Melodie von der Geigerin Marie-Christine Klettner, die bereits im Museum spielte. Unterstützt wurde diese Veranstaltung der Initiative Freies Wort von zahlreichen Insitutionen sowie von Stadt und Land Salzburg und der Universtität Salzburg.

2020 musste die geplante Veranstaltung Corona-bedingt abgesagt werden.

2021 fand unter dem Titel „HALTUNG einst : jetzt“ – wegen des bestehenden Covid-19-Veranstaltungsverbots mit Publikum – eine Live-Veranstaltung um 18 Uhr per Stream statt -> Haltung
Nach einer Rede des Schriftstellers Doron Rabinovici traten auf der Jedermann-Bühne im Innenhof des Salzburg Museums fünf engagierte Slam-Poet*innen auf: Yasmin Hafedh, Dalibor Markovic, Meral Ziegler, Tanasgol Sabbagh und Henrik Szanto. Musik kam live vom Duo Georg Winkler & Hubert Kellerer. Außerdem erklang die Komposition „S’brent“ des jüdisch-polnischen Dichters und Komponisten Mordechaj Gebirtig als Glockenspiel.

2022 durfte die Gedenkveranstaltung wieder live vor Publikum stattfinden. Unter dem Thema „WAHRHEIT“ wurde eine Matinee organisiert – um 11 Uhr im Kuenburg-Saal des Salzburg-Museums und anschließend um 12.30 beim Mahnmal am Residenzplatz. Am Podium diskutierten Barbara Blaha (Gründerin des Thinktanks Momentum und Herausgeberin), Miriam Zadoff (Historikerin und Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München) und Ilija Trojanow (Schriftsteller und Übersetzer) mit Moderator Günther Kaindelstorfer. Die Musik kam von der Geigerin Irmgard Messin. Auf dem Residenzplatz sprach die Salzburger Autorin Brita Steinwendtner, danach erklang das neu programmierte Glockenspiel die Melodie „Dona Dona“ – aufgenommen von der Geigerin. Auch diese getreamte Live-Veranstaltung gibt es Nachzusehen und Nachzuhören -> Wahrheit

Jahrelange Kooperationspartner für Veranstaltungen in Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung waren bzw. sind u.a. die Salzburger Autorengruppe, Israelitsche Kultusgemeinde Salzburg, Plattform für Menschenrechte Salzburg, Friedensbüro Salzburg, Komitee Stolpersteine, KZ-Verband/VdA Salzburg, Literaturhaus Salzburg, Salzburg Museum, Stefan Zweig Zentrum, Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte, die Katholische Aktion, Robert Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen, AK Salzburg, AAI Salzburg, UB Salzburg, Caritasverband der Erzdiözese Salzburg, Diakonie Flüchtlingsdienst, Verein erinnern.at, Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte. Außerdem bedankt sich die Initiative Freies Wort für die Unterstützung bei den Kulturabteilungen von Stadt und Land Salzburg sowie dem Kulturministerium in Wien.

Radio-Beitrag 1987

Über die allererste Veranstaltung in Erinnerung an die Salzburger Bücherverbrennung 1938 mit dem Schriftsteller ERICH FRIED gibt es einen ORF-Radio-Beitrag aus dem Jahr 1987.

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