- Genre: Lesung
- Beteiligte: Paulus Hochgatterer
Veranstalter: prolit
Caretta Caretta
Veranstalter: prolit
Dominik Bach, fünfzehn Jahre alt, lebt in einer Wohngemeinschaft für verhaltensauffällige Jugendliche. Er verdient sein Geld, indem er seinen Körper (an Männer und Frauen) verkauft und gelegentlich dealt. Hochgatterer zeichnet seine Hauptfigur jedoch nicht als wehrloses Opfer seiner Geschichte und unserer Gesellschaft, sondern als lebensfrohes Mitglied, als intelligenten und aktiven „Geschäftsmann” mit Sinn für Markenartikel und guter Menschenkenntnis. Relativ zeitgleich passieren in Dominiks Leben zwei Dinge: Er verliebt sich in die „Neue” in der Wohngemeinschaft, Isabella, die wiederum fasziniert ist von der Unechten Meeresschildkröte, Caretta Caretta, die angeblich weinen kann; und einer seiner Kunden, Josh Kossitzky, erfährt vom Endstadium seiner Krebserkrankung und möchte den Tod nicht im Spital erleiden. Dominik organisiert nun eine Reise in den Süden, die an die schönsten Roadmovies erinnert. Auf ihr wird einerseits die Schildkröte zur Verheißung aller Sehnsüchte von Dominik und Isabella, zum Symbol für Wärme und Lebendigkeit. Andererseits erweist sich auf ihr Kossitzky als echter Freund, und seine beiden jungen Mitreisenden erweisen ihm auf eigentümliche Art die letzte Ehre. Hochgatterer versteht es wie immer exzellent, uns die Welt seiner Figuren zu vermitteln, und mehr noch als in seinen früheren Büchern wird es zur Gewissheit, dass wir Heilung, wenn überhaupt, nur von innen erfahren können. „Dabei geht das Buch nicht in die Fallgrube sozialkritischen Schreibens, es hält sich von moralischen Werten ebenso frei wie von aufdringlichen Appellen an unser aller Gutmenschentum: Je weniger der mahnende Zeigefinger ausgefahren wird, umso augenfälliger gewinnt die Lebenswelt des Buben Kontur.” (Klaus Kastberger, Spectrum) Paulus Hochgatterer, geboren 1961 in Amstetten; Studium der Psychologie und Medizin, lebt und arbeitet als Schriftsteller und Kinderpsychiater in Wien. Für seine Texte, u. a. „Die Nystensche Regel” (Erzählungen, 1995) oder „Wildwasser” (Erzählung, 1997) wurde der Autor mehrfach ausgezeichnet; zuletzt wurde ihm der Österr. Förderungspreis für Literatur 1998 verliehen.