Montag,
15.02.99
20:00

Die letzten Tage der Menschheit

Eintritt frei

Karl Kraus

Veranstalter: Literaturhaus

Die letzten Tage der Menschheit

Veranstalter: Literaturhaus

Die Einleitung zum 9. Teil hält der Salzburger Germanist Manfred Mittermayer. Er spricht diesmal über „Karl Kraus und seine Sprachauffassung“. Dann hören Sie die Szenen 24 bis 33 aus dem 2. Akt (Dauer: 55 Minuten). Am 6. Oktober 1974 ging die erste der insgesamt 45 Radio-Folgen der „Letzten Tage der Menschheit“ in Sendung. „In unserer Sendung wurde nichts unterdrückt, nichts verändert, nichts gestrichen. Es ist Kraus selbst, der zu Ihnen spricht“ – so leitete Fritz Habeck, Schriftsteller und damaliger Literaturchef von Radio Wien, in seiner Vorrede diese Sternstunde der Rundfunkgeschichte ein. Es war gelungen, dieses gewaltige Werk adäquat umzusetzen, obwohl es, wie Habeck berichtete, vielfache Einwände gegen dieses auch kulturgeschichtlich so bedeutsame Projekt gegeben hatte: „Schon 1971 kam es zu ersten Vorbesprechungen mit Sendern der Deutschen Bundesrepublik, die sich an einer Co-Produktion interessiert zeigten“, berichtete Habeck. „Leider konnte keine Einigung erzielt werden, weil von deutscher Seite immer wieder Bedenken gegen eine ungestrichene Gesamtaufnahme geäußert wurden. Erstens schienen manche Ausdrücke zu österreichisch, und man befürchtete, daß sie nördlich des Mains nicht verstanden würden. Wir aber weigerten uns, ausgerechnet bei einem Sprachfanatiker wie Karl Kraus Korrekturen vorzunehmen. Außerdem sollten Szenen mit Juden unterdrückt werden, weil sie antisemitisch aufgefaßt werden könnten. Ein Eingehen auf diesen letzten Vorschlag hätte nicht nur die von Kraus geplante Gesamtwirkung seiner Tragödie zerstört, sondern dem Werk auch den so wichtigen Angriff gegen Presse und Handel genommen, denn Kraus wendet sich, wenn man ihn richtig versteht, ja nicht gegen die Juden, gegen eine Rasse oder Religion, sondern gegen zwei Berufe, die damals eben vielfach von Juden ausgeübt wurden. Ihm ging es um den Mißbrauch von Machtpositionen. Kraus geißelte jeden in der damaligen Welt: die Dynastie, den Adel, die Offiziere, die Justiz, die Ärzte, die Beamten, aber auch den Lehrer, den Gastwirt und den Greißler. Mitleid und Sympathie hat er nur für den kleinen Mann, der für die Interessen anderer geopfert wird und zu schwach ist, sich gegen die Macht zu wehren.“