„Heute früh um sechs Uhr die einzigartige Beleuchtung: alle Fassaden ganz flach und, wie alles andere, rötlich, die Ziegelwände tiefrot, und nur der oberste Teil des Pantalonturms war zart bestrahlt. Mein Großvater wäre jetzt längst unterwegs, und wie schön wäre auch hier ein Spaziergang bei Sonnenaufgang, denk ich und lege mich wieder hin.“ Solche Beschreibungen oder Szenen finden sich auf den Fotos, die Erica Pedretti während eines längeren Venedig-Aufenthaltes gemacht hat. Sie sind in dem Band „Szenenwechsel“ (Edizioni Periferia) versammelt, in der Ausstellung im Literaturhaus zu sehen und, so die Autorin, „eigentlich nicht zum Vorlesen geeignet, es sind ja nur Tagebuchnotizen auf Fotografien“. Ihre Fotos, die Abbilder einer Stadt, hat die Künstlerin im Nachhinein „beschrieben“ – so sind sprachliche Eindrücke den Bildern eingeschrieben: „Ja, das kann ich beschreiben. Anderes nicht. Die Kirchen nicht, nicht die Bilder auf den Altären und die in den Museen, die Palazzi nicht. Zu vieles, mehr noch als bei der Übersetzung von einer Sprache in eine andere, bleibt auf der Strecke beim Versuch, Bilder zur Sprache zu bringen“ (Erica Pedretti). Erica Pedretti wurde 1930 in der Tschechoslowakei geboren und wuchs auch dort auf. Nach dem Krieg kam sie mit einem Rotkreuzzug in die Schweiz. 1946-50 Schule für Gestaltung in Zürich, 1950-52 New York, 1952 Heirat mit Gian Pedretti, fünf Kinder, schreibt und arbeitet als Autorin und Bildhauerin in La Neuveville, Kanton Bern.