- Genre: Lesung und Gespräch
- Beteiligte: Herta Müller
Veranstalter: prolit
Wenn wir schweigen, werden wir unangenehm
Veranstalter: prolit
„Bücher über schlimme Zeiten werden oft als Zeugnisse gelesen. Auch in meinen Büchern geht es notgedrungen um schlimme Zeiten, um das amputierte Leben in der Diktatur (…). Für viele sind meine Bücher somit Zeugnisse. Ich aber empfinde mich im Schreiben nicht als Zeugin. Ich habe das Schreiben gelernt vom Schweigen und Verschweigen. Damit begann es. Und später mußte ich das Schweigen wieder lernen, weil man die Wahrheit nicht so genau wissen wollte.“ Schriftstellern wie Jorge Semprun, Ruth Klüger, Imre Kertesz und eben auch Herta Müller wird nicht selten nachgesagt, sie würden immer nur ein Thema zum Gegenstand ihres Schreibens machen – Leben und Überleben unter den Bedingungen von Nationalsozialismus, KZ, Diktatur. Unausgesprochen steht dahinter die Vorstellung von einer möglichen „Gnade des Vergessens“. Gleichzeitig wird ihrer Literatur Zeugnischarakter abverlangt, als wäre gelebtes Leben einfach nachzustellen, als wäre Erinnern bruchlos in Sprache zu übersetzen. Mit einer Lesung des Essays „Wenn wir schweigen, werden wir unangenehm – wenn wir reden, werden wir lächerlich“ und im anschließenden Gespräch wird Herta Müller an diesem Abend der Frage nachgehen, ob und in welcher Form Literatur Zeugnis ablegen kann. Ihre Texte führen vor, wie die Wörter, wie die Sätze in einer Diktatur ihre Bedeutung verändern, einen verdrehten Sinn bekommen. Und wie es darum geht, in der Setzung der Wörter, ihren Brechungen, Störungen, Ver-rückungen „auszuscheren“ aus einer vorgegebenen „Normalität“ von Sprache und Realität.